Richtig ernähren bei Hitze heißt: Viel trinken und – scharf essen. Im heißen Süden Chinas sind die Speisen oft besonders scharf gewürzt, denn Scharfes hilft beim Schwitzen, und außerdem haben viele scharfe Früchte Inhaltsstoffe, die das Bakterienwachstum hemmen. Also her mit Pfeffer & Co wenn’s heiß wird. Und – her mit Chili.
Chili heißt lateinisch Capsicum chinense. Chinense? Bei dem Namen hätte ich schwören können, dass die Pflanze aus dem Süden Chinas stammt, aus Hunan beispielsweise, wo die Speisen so scharf gewürzt sind, dass es auch den Hartgesottenen den Atem raubt. Doch zu meinem Erstaunen ist die Chili-Schote, die botanisch eine Beere ist, eingewandert. Die einen sagen, Columbus hätte die Paprikafrucht einst mit Tomaten und Kartoffeln von Südamerika nach Europa gebracht, und von dort aus hätte sie ihren Weg nach China gefunden. Andere behaupten, sie sei mit den Portugiesen im 16. Jahrhundert von Südamerika aus direkt nach Macau gesegelt. Tja.
Was scharf schmeckt, tut eigentlich weh
Wie dem auch sei, die Süd-Chinesen ergriffen unverzüglich die Chance, ihre Küche neben dem Sichuan-Pfeffer mit einem weiteren Scharfmacher aufzupeppen. Immer nach dem Prinzip: je wärmer die Gegend, desto schärfer das Essen. Die durch das Capsaicin verursachte Hitzeempfindung fördert die Schweißbildung, wodurch die eigentliche Temperatur wieder gesenkt wird. Das Capsaicin selbst ist geschmacklos, reizt jedoch die Nervenenden, die normalerweise Wärmeimpulse wahrnehmen und desensibilisiert die Enden der schmerzempfindlichen Fasern. Schärfe ist also keine Geschmacksrichtung, sondern lediglich Schmerz, der an den Geschmacksnerven ausgelöst wird. Je öfter man scharf ist, desto mehr stumpfen diese dagegen ab.
Chinesische Medizin
Fördert Stoffwechsel und Durchblutung:
„Pepper-High“ – der Inhaltsstoff Capsaicin wirkt anregend. Auf die schmerzhafte Reizung durch Capsaicinoide reagiert der Organismus mit einer vermehrten Durchbluten des Gewebes und dem Ausschütten von Endorphinen, von Glücksgefühlen. Erst 2010 haben chinesische Forscher nachweisen können, dass Capsaicin entspannend auf die Blutgefäße wirkt und dadurch den Blutdruck senkt.
Gegen Verdauungsstörungen:
Capsaicin lindert die Symptome. Wer nach fettem Essen Blähungen und Magenprobleme bekommt, sollte allerdings besser zu Ingwer greifen. Die Bitterstoffe im Chili haben eine antibakterielle und fungizide Wirkung und wirken daher zum einen konservierend, zum anderen töten sie Krankheitserreger im Essen und im Verdauungstrakt ab.
Schmerzlindernd:
Kopf- oder Zahnschmerzen: lindert bei leichten Schmerzen; Muskelschmerzen und Muskelverspannungen: als Creme, Salbe und Pflaster verwendet, insbesondere im Bereich der Wirbelsäule. Chronische Schmerzen: eine Meta-Analyse zeigt, dass Capsaicin chronische Schmerzen neuropathischer und muskulärer Ursache signifikant senken kann. Nebenwirkungen können sein: lokale Haut-Irritationen und Husten.
? TIPP 1: Gerät Chili beispielsweise in die Nase – Hände weg vom Wasser. Taucht stattdessen Wattestäbchen in Öl, Milch oder Butter und reibt es vorsichtig in die Nase. Man kann aber auch einfach ein wenig Gesichtscreme hinein tupfen. Hintergrund: Capsaicinoide lösen sich in Ethanol (umgangssprachlich als Alkohol) und Fetten, aber nicht in Wasser.
? TIPP 2: Wenn ihr es übertreibt und zu scharf esst: auf einen extremen Reiz reagiert der Körper mit Kreislaufbeschwerden bis hin zum Schock. Zum Stabilisieren des Kreislaufs sofort die Beine hochlegen, sagt meine Ärztin. Auch Schweißausbrüche, spontanes Erbrechen oder Durchfall können die Folge sein.
? TIPP 3: An scharfes Essen muss man sich langsam gewöhnen, sonst kann die Magenschleimhaut geschädigt werden. Bleibt einem dennoch zwischenzeitlich die Luft weg – mit einem Happen Brot, Schokolade oder Joghurt lässt sich Scharfes mildern. Und wem das alles dennoch zu heftig ist, der sagt schon beim Bestellen: „Bitte nicht so scharf!“ – 请不要加辣
Quellen (alle abgerufen am 05.01.2020):
Culinaria China: Chinesische Spezialitäten, tandem-Verlag, 30. März 2015, S 260 ff, S. 280 und 285
Medizin transparent: Wärmepflaster für den Rücken: kurzfristige Hilfe bei Kreuzschmerzen (22.10.2019)
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Welt online: Warum Chilischoten glücklich machen.