Peking. Kohlehügel. Während die Touristen mit ihren Reiseführern die Spur des letzten Ming-Kaisers aufnehmen und zum besten Blick hinüber zur Verbotenen Stadt eilen, musizieren im Park die Pekinger Rentner, dass es kein Halten mehr gibt. Ruhe und Besinnung in einer Gartenanlage? Nicht in China. Verteilt über das gesamte Areal ertönen Melodien, vorgetragen ohne Noten und Texte. Alles improvisiert? In einem Pavillon musizieren Senioren auf der Erhu, der chinesischen Geige, und da entdecke ich sie: quer über eine Seitenwand hängt eine Notation, bestückt mit arabischen Ziffern. Arabische Zahlen statt Noten?
Für ihre Musik verwenden die Chinesen im Wesentlichen Ziffern von 1 bis 7, mit der 0 setzen sie Pausen. Das arabische Zahlensystem eignet sich sowohl für einstimmige als auch mehrstimmige Musik und nennt sich Jianpu-Notation, wörtlich ‚vereinfachte Notation‘. Sie wird seit dem frühen 20. Jahrhundert in China eingesetzt, stammt in ihren Ursprüngen allerdings aus Frankreich. Und weil das System so einfach ist, nutzen es auch viele Menschen. Auch die Kinder meiner chinesischen Familie erlernen so ein Instrument. Professionelle Musiker beherrschen beides, neben dem chinesischen auch das europäische Noten-System, vor allem jene, die europäische Instrumente spielen.
Der Liedtext auf der Tafel im Musiktempel ist auf Chinesisch verfasst, es geht um Gesichts-Bemalungen für die Peking-Oper. Jede Farbe, jeder Strich hat eine eigene Bedeutung. Zehn auffällige Masken hängen passenderweise an der Tafel an der gegenüber liegenden Wand.
Foto 1: Notation mit arabischen Ziffern, der Liedtext ist chinesisch. Es geht es um Gesichts-Bemalungen für die Peking-Oper
Foto 2: Passend: auf der gegenüberliegenden Seite des Pavillons hängen die dazu gehörenden Gesichts-Masken
Im Netz existieren gefühlte Tausende chinesische Verlinkungen mit dem Musikstück der Tafel vom Kohlehügel, beispielsweise diese hier.