In Shanghai, im Stadtteil Jiading, preisen sie nahe des Konfuzius-Tempels eine Blumenausstellung an. Blumen. Ausgerechnet. Bislang war mir bei meiner Familie kein gesondert starkes Interesse an Zierpflanzen aufgefallen, was wohl damit zusammenhängen mag, dass die Chinesen Blumen in der Regel nur im Todesfall verschenken.* Nun ziehen wir genau dahin und während ich noch darüber sinniere, warum Chrysantheme & Co in den Blumentöpfen bleiben, ertönt ein lautes „Ahhh!“
Da ahne ich: der ganze Blumenzauber ist in Wahrheit die Kulisse für die Baozi (包子), die dort in gewaltigen Dampfkörben zwischen den Pflanzen thronen. Und während die Leute ihre Smartphone zücken und ihre Kinder vor den Dumplingen drapieren, dampft und zischt es plötzlich und es steigt erneut Dampf auf. Nochmals ‚Ahhhh‘ und ‚Ohhh‘ und überhaupt Getöse und dann bin auch ich dabei – Smartphone raus. Zack. Was für ein Foto!
Derweil amüsieren sich im Park auffallend viele Freundinnen im mittleren Alter. Trupps von 5 bis 10 Frauen posieren mit Selfie-Stab vor den Blumen. Peace. Und Klick. Und das Leben gemeinsam genießen. Mitten in der Woche? Genau dann, denn ab 50 ist für chinesische Frauen Schluss mit dem Arbeitsleben.
China auf die Ohren:
Und dann ist da noch der Chor, der zwar weniger Zuhörer hat, seine Lieder dennoch feurig vorträgt. Herr P. staunt, denn es ist ein bekanntes Lied aus der Mao-Zeit.
China auf die Ohren:
* Schnittblumen in China – Bei Schnittblumen als Mitbringsel lasst höchste Vorsicht walten, vor allem gelbe Chrysanthemen und Blumen mit weißen Blüten symbolisieren den Tod. Wobei, ganz so eng sehen es die jungen Leute nicht mehr. Es dürfen gern ein paar Rosen zum Valentinstag sein und überhaupt. Jetzt aber ab in die Ausstellung, in der schon das Leben tobt. Chrysanthemen sind hier angesagt, auch Astern, glaube ich da noch. Wie leichtsinnig! ?