Bibbern unterhalb der Heizungs-Grenze

Shanghaier Winter sind mild. Sagt Herr P.. Die Temperaturen liegen meist über 0 Grad und schneien tut es hier alle zehn Jahre drei Flöckchen. Aha. Am Sonntag telefonieren wir per WeChat mit den Eltern und was sehe ich, der alte Herr liegt eingemummelt in seinem Bett. Denn es ist ordentlich kalt in Shanghai. Die Temperatur liegt bei null Grad Celsius, in den Vorstädten sogar bei minus zwei Grad. Letzten Donnerstag rieselte zudem eine ordentliche Menge Schnee auf Chinas Geschäfts- und Handelszentrum hernieder.

In Shanghai hat es seit Jahren keinen nennenswerten Schneefall mehr gegeben, jetzt liegt er teilweise bis zu 4 cm hoch. Wobei, 4 Zentimeter? Wenn ich mir den Schnappschuss meines Schwiegerpapas vom Balkon des Seniorenheims betrachte (⇒ Bild oben), dann können es auch gern zwei, drei Zentimeter mehr sein, denke ich. Das Shanghai Meteorological Center soll sogar Warnungen herausgegeben haben, aber die Bewohner sind offensichtlich mehr begeistert als besorgt. Dumm nur, dass Shanghaier Wohnungen normalerweise keine Heizungen haben, denn die Menschen hier leben haarscharf unterhalb der Heizungsgrenze. Frieren ist angesagt.

Kleine Kunde zur Heizungs-Grenze

Komische Sache? Nach der Gründung der VR China, in den 1950er Jahren unter dem damaligen Premier Zhou Enlai, wurde angeordnet, wer im Winter mit staatlicher Fernwärme rechnen durfte – und wer nicht. Entlang der mittig des Landes fließenden Flüsse Yangtse und Huaihe zieht sich seitem die Heizungslinie entlang. Während die Bewohner Nord-Chinas staatlich zugeteilte Wärme erhalten, hocken die Landeskinder im Süden in Mantel und Handwärmern in ihren Wohnungen oder verkriechen sich bibbernd in ihren Betten. Oder – sie funktionieren ihre Klimaanlagen um. Wärmend, versteht sich.  🙂

7 thoughts on “Bibbern unterhalb der Heizungs-Grenze”

  1. Uiuiui, frostige Chinesen. Betrifft die „Heizungslosigkeit“ hauptsächlich Neubauten/ Hochhäuser oder sind auch altere Häuser betroffen? In Japan sind Häuser oft auch ohne Heizung konzipiert, die Japaner behelfen sich mit Petroleumöfen. Vielleicht wäre dies ja auch eine Möglichkeit für die Schwiegereltern, um warme Füße zu kriegen.
    Aber wenigstens ist der Schnee ja weiß, d.h. die Luftverschmutzung scheint in Shanghai zumindest derzeit gering zu sein.
    Liebe Grüße

    1. Vor allem die Neubauten sind von der „Heizungslosigkeit“ betroffen, in traditionellen Bauernhäusern sorgt der ‚kang‘ für Wärme. Das ist ein erhöht gebautes Bett mit ummauerten Podest direkt am Ofen. Der Ofen wird meist ständig beheizt, schon um heißes Wasser für Tee zu haben. Tags kann man drauf sitzen, nachts wird hier kollektiv geschlummert.

      Ältere Chinesen berichten, dass das Festlegen dieser imaginären Heizungs-Linie in den 50iger Jahren auch einen gewissen Sinn ergab, einfach weil nicht ausreichend Ressourcen für alle vorhanden waren. Der kalte Norden hatte es somit wenigstens im Winter warm. Es ist nach meinen Erfahrungen auch so, dass die Leute es als Glück empfinden, eine dieser Neubauwohnungen zugewiesen zu bekommen. ⇒Die Glücklichen. Offensichtlich läuft das schon ein wenig anders, als wir es aus Einzelbeispielen aus den Medien vermittelt bekommen.

      Die Eltern sind trotz der Widrigkeiten unglaublich munter. Immer wieder betonen sie, dass sie nie damit gerechnet haben, dass es ihnen im Alter so gut gehen würde. Sie haben diverse Elektrogeräte, manchmal switchen sie auch die Klimaanlage um und manchmal, wie letzten Sonntag, da hoppsen sie etwas eher ins Bett. Trotzdem wird man selbst sehr demütig, wenn man um die Eckdaten weiß.

        1. Hallo flurdab,
          danke für den Tipp. Gleich was dazu gelernt. Habe die beheizten WC mit Warmwasser-Strahl immer als dekadent betrachtet und leiste sofort Abbitte.
          LG

          1. Hahaha, von den Dingern habe ich bisher auch nur gelesen. Ich denke aber nicht das die was mit der Kälte im Winter zu tun haben, sondern mit einem sehr hohen Hygienebewusstsein. Wobei sich da die Frage stellt, wie weit diese „Hygienevorstellungen“ in der Gesamtbevölkerung vertreten sind. Was in Tokio „schick“ ist, muss auf Hokaido noch lange nicht machbar sein.

            Man müsste wirklich mal gucken auf welchen Breitengraden Asien liegt, also nicht nur China sondern auch Korea und Japan, um einen Temperaturvergleich mit Europa herzustellen. Man verschätzt sich so leicht, dabei lässt die Lage auf dem Breitengrad eine ziemlich gute Abschätzung zu. In Deutschland ist ja auch die Annahme verbreitet das es in den Ländern rund ums Mittelmeer immer lecker warm ist. Ist es aber nicht.

            Grüße

          2. Na, ich habe die „Dinger“ auch schon gesehen. Letzten Herbst in einem Kaufhaus in Wuxi, also in China. Weit und breit kein Kunde, das muss aber nichts sagen.

          3. Ja sicher, Regen/ Schmelzwasser welches an der Wänden gefriert. Ständiger Petroliumgeruch in der Bude, und es bleibt trotzdem kalt. Da stellt sich der Otto- Japaner sicherlich eine 2.000 € Edelkeramik in den Wohnstall. Ich habe da eher den Eindruck das dort viel Schein aufgebaut wird, weniger Sein. Aber das Konzept klappt ja auch bereits bei uns sehr gut. Uphs, das war ja schon wieder politisch.

            Grüße

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