Multitalent Bambus

Mein verblüffendstes Bambus-Erkenntnis bei meiner ersten Chinareise: Auch Häuser. Bauwerke mit 20 Etagen und mehr rüsten die Chinesen mit ihren Bambusgeflechten ein. Ihre Konstruktionen kosten nur einen Bruchteil der Metall-Holz-Industriesysteme, sind atemberaubend flexibel und nahezu überall verfügbar. Und ja, die mit Seilen verknüpften Stangen sind robust, versichert mir meine chinesische Familie, nur trittsicher sollte man sein. 

Ein Gras als Alleskönner

Bambus von Hsü Wei (China ca. 1540-1590)
Bambus von Hsü Wei (China ca. 1540-1590)

Bambus ist schnell verfügbar. Bis zu einem Meter wächst so ein Riesenbambus unter idealen Bedingungen. Pro Tag. Dabei ist der Alleskönner botanisch ein Gras. Bis zu dreißig Meter hoch schießt manch so ein „Grashalm“ letztlich in den Himmel, durchbricht Felsen und ist doch so elastisch wie Gummi. Es gibt kaum einen Gebrauchsgegenstand, den man nicht aus Bambusrohr herstellen könnte. Wer in China unterwegs ist, entdeckt ihn überall: Textilien, Essstäbchen, Teller, Möbel, Musikinstrumente oder Waffen. Kulinariker interessieren sich vor allem für die Schößlinge der Pflanze, Pandabären auch.

Die Pflanze ist Teil der Mythologie und Kultur der Chinesen, denn Bambus gilt als ein Symbol für Langlebigkeit, Reichtum und große Widerstandskraft. Auch wir Westler verorten das robuste Gras gern nach China, vielleicht, weil es ein beliebtes Motiv der chinesischen Malerei ist. Etwa 500 der gut 1000 bekannten Bambusarten sind im Reich der Mitte heimisch, und kaum ein Tempel oder Park kommt ohne einen Bambushain aus. Doch Vorsicht, wer mit dem Gras im eigenen Garten losgärtnern mag. Mit seinen unterirdischen Wurzelausläufern, den Rhizomen, übernimmt der Bambus das neue Terrain und vermehrt sich ungezügelt. Und das Gras wächst verdammt schnell. Einen Meter pro Tag, wenn’s gut läuft. Aber das wissen wir ja bereits. 🙂

Quellen:
Culinaria China: Chinesische Spezialitäten, tandem-Verlag, 30. März 2015, S. 160 f

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