Käfer, Krabbe, Zünsler – eingewandert aus Asien | akt.

Überall laufen sie einem gerade über den Weg – die chinesischen Marienkäfer und ihre europäischen Freunde. Seines gewaltigen Blattlaus-Appetits wegen sollte (Harmonia axyridis) gegen Ende des 20. Jh. ursprünglich Schädlinge bekämpfen, jetzt ist Harmonia, auch Vielfarbiger oder Harlekin-Marienkäfer genannt dabei, ganz Deutschland zu besiedeln. Hier ist er 2002 das erste Mal gesichtet worden, seither schlägt der Einwanderer die Konkurrenz um Längen:

Während unser Siebenpunkt rund 50 Blattläuse am Tag verputzt, verspeist der chinesische 19-Punkter locker das Fünffache. Und wo der Siebenpunkt einmal im Jahr Nachwuchs zeugt, legt Harmonia bis zu drei Vermehrungszyklen hin. Und er ist wandelbar: meist zeigt sich der Käfer mit oranger bis dunkelroter Grundfärbung, darauf bis zu 19 schwarze Punkte, manchmal allerdings verblasst. Umgekehrt können die Punkte auch so groß werden, dass sie miteinander verschmelzen. Und schließlich ist da die so genannte melanistische Form. Schaut mal: mit schwarzen Flügeldecken, darauf vier oder zwei recht große orangene oder rote Punkte.


Doch der Käfer hat sich nicht allein aus China nach Berlin und Brandenburg aufgemacht, denn Wollhandkrabbe, Mini-Qualle, Mandarin-Ente & Co sind schon da:

Der Buchsbaum-Zünsler

Buchsbaumzünsler in meiner Hecke

Klein, grün, giftig – das Elend lauert im Garten. Wo die Raupe des Schmetterlings auftaucht, macht sie der Buchsbaumhecke den Garaus. In den letzten Jahren hat sich der ostasiatische Kleinschmetterling auch in Brandenburg angesiedelt und schnell vermehrt. Während die Raupen letztes Jahr noch in meiner Hecke im Süd-Westen Berlins hockten, sichten die Leute sie dieses Jahr (2019) im Norden Berlins. 2007 war der Zünsler das erste Mal in Deutschland, in Baden-Württemberg, beobachtet worden. 2009 hockte die nimmersatte Raupe schon im Spreewald. Nach Mitteleuropa eingeschleppt wurde der Buchsbaum-Zünsler aber bereits zur letzten Jahrtausendwende von China, Korea und Japan aus.

Mini-Qualle erobert Havel

Süßwasserqualle.jpg
Von CrazyBiker 84 – Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, Link

Es könnte eine Craspedacusta sowerbii sein. U.a. die Märkische Allgemeine Zeitung berichtet heute (09.07.2019) von münzegroßen Medusen in der Havel bei Berlin-Spandau. Ende Juni soll auch in Werder/Havel (LK Potsdam-Mittelmark) vor der Insel ein Riesenschwarm Quallen gesichtet worden sein. Nun sucht das Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso) die Tiere, die aus dem Jangtse-Fluss in China stammen sollen. Heute ist sie auf der ganzen Welt verbreitet, mit Ausnahme der Antarktis. Wahrscheinlich kam die Süßwasserqualle im Schlepptau einer importierten Teichpflanze nach Europa, wo sie erstmals 1880 in einem Seerosenbecken des botanischen Gartens in London entdeckt wurde. Schädlich soll sie nicht sein.

Wollhandkrabben

Sie sind sehr dynamisch und konkurrieren bei massenhaftem Vorkommen mit den einheimischen Fischen um Nahrung. Auch die Fischer sind verärgert, weil sie mit ihren Scheren die Netze zerschneiden. Doch mittlerweile haben sie sich auf die Neulinge eingerichtet. Sie werden verkauft, vor allem an Berliner Chinesen.

Fischer Wolfgang Schröder kennt im Havelland jeder. Er zählt zu jener Handvoll von einst Tausenden Fischern, die es hier noch gibt. Bei jedem größeren Naturereignis wird der Mann zu Rate gezogen. Und auch wenn heute kein Hochwasser in Sicht ist, kann man ihn fragen, was die chinesische Wollhandkrabbe im Brandenburgischen eigentlich so treibt.

Mandarin-Enten

Ein Mandarinenten-Paar in Potsdam: eingesendet von Ronny Wunderlich am 24.04.2017

Mandarin-Enten (Aix galericulata) sind in Deutschland nach wie vor selten, stark vermehrt haben sie sich seit ihrer Ankunft offensichtlich nicht. Dennoch sollen heute in Deutschland schon mehr Mandarin-Enten leben als in ihrem Ursprungsgebiet in Südost-Asien (Von den Amur-Niederungen bis in den Norden der chinesischen Provinz Hopei, möglicherweise aber auch bis zum Unterlauf des Yangtse.) Sesshaft ist der Vogel u.a. im Garten von Sanssouci in Potsdam, an der Havel zwischen Potsdam und Geltow und an der Berliner Pfaueninsel. Im Raum Berlin-Potsdam gibt es mit etwa 150 Brutpaaren die größte Population in Deutschland. Die dort lebenden Exemplare sind meist Nachkommen von entlaufenen Zuchttieren.

Marderhunde

Marderhunde haben sich v.a. im Osten Deutschlands breit gemacht -gemeinfrei

Viele Menschen haben noch nie von ihm gehört. Das mag zum einen daran liegen, dass man den Marderhund (Nyctereutes procyonoides) kaum zu Gesicht bekommt und zum anderen daran, dass sein ursprüngliches Zuhause Sibirien, Japan und das nordöstliche China sind. Sein Fell wurde ihm zum Verhängnis. Im 19. Jahrhundert führte man die Tiere in Westrussland ein. Seitdem wandern sie westwärts. Seit 1960 breitet sich der Marderhund auch in Deutschland aus, die östlichen Bundesländer stellen sein Kernverbreitungsgebiet dar und damit auch Brandenburg.

Chinesische Graskarpfen

In der Havel tummeln sich seit einigen Jahren auch chinesische Graskarpfen (Ctenopharyngodon idella). Die mit einem unglaublichen Appetit ausgestatteten Vegetariar setzten die Behörden einst bewusst als Unterwasser-Rasenmäher“ ein, um wuchernde Wasserpflanzen einzudämmen. Die Tiere gaben alles und putzten radikal sämtliches Grün weg, sodass man zum Beispiel im Berliner Tegeler See nun darauf achtet, dass sie nicht Überhand nehmen.

Asiatische Tigermücken

Sie ist auffällig schwarz-weiß gestreift, vor allem die Hinterbeine und sie kann Tropen-Krankheiten wie das Dengue-Fieber verbreiten – die Asiatische Tigermücke (Aedes albopictus). Nach Deutschland eingereist ist das Insekt mit dem globalen Handel mit gebrauchten Reifen, denn im Freien gelagerte Altreifen sind als Regenwasser-Reservoir geeignete Ablagestellen für Eier.

Asiatische Tigermücke – gemeinfrei

Quellen:
MAZ, 09.07.2019, S.1: Thorsten Keller: Eklig, aber harmlos: Quallen in der Havel gesichtet
Tagesspiegel: Schädlinge in Berlin: Was tun gegen den Buchsbaumzünsler?
Potsdamer Neueste Nachrichten: Ihr da unten, wir hier oben
Umweltbüro Weißensee: Gebietsfremde Tiere in Berlin-Brandenburg, Deutschland und Europa
Waldwissen.net: Dossier Invasive Arten
BUND: Beispiele invasiver Tierarten
WWF: Invasive Arten: Gefahren der biologischen Einwanderung
Spiegel Wissenschaft: EU warnt vor eingeschleppten Tieren und Pflanzen
MLUL: Buchsbaumzünsler – Verbreitung in Brandenburg

9 thoughts on “Käfer, Krabbe, Zünsler – eingewandert aus Asien | akt.”

  1. Hallo meine Liebe,
    zum Zünsler gab es vor einigen Tagen einen Bericht im WDR.
    Die Herren bewirtschaften schon seit einigen Jahren recht erfolgreich einen großen Ziergarten und sind entsprechend bekannt.
    https://www1.wdr.de/mediathek/video/sendungen/hier-und-heute/video-buchsbaumretter-geben-tipps-100.html
    Algenkalk soll die Rettung bringen.
    https://www.swr.de/swr4/bw/tipps/hilft-algenkalk-gegen-buchbaumzuensler/-/id=258208/did=21516694/nid=258208/19cdgnk/
    https://www.mein-schoener-garten.de/gartenpraxis/pflanzenschutz/buchsbaumkrankheiten-und-schaedlinge-mit-algenkalk-bekaempfen-33861

    Grüße

    1. Moin flurdab,
      Algenkalk. Das ist neu (für mich 🙂 ). Danke dir für den Tipp.
      Schönen Tag dir und Lieben Gruß.

      1. Wobei die Herren den Algenkalk zuerst gegen eine Pilzerkrankung eingesetzt haben, die in den letzten Jahren wohl epidemisch über den Buchs hereingebrochen ist. Nun , das Kalken scheint die Sporenbildung zu unterdrücken bzw. zerstört die Sporen. Beim Zündsler scheint der Kalk die Eigelege zu zerstören, damit wird die Reproduktion unterbrochen.
        Die „Herren“ von der Chemie halten dies alles natürlich für Humbug und verweisen auf ihre diversen Gifte, aber man muss ja nicht alles mitmachen. Von Ihnen wird auch gerne das Schreckgespenst der „Überkalkung“ des Bodens angeführt, also eine deutliche Erhöhung des Boden- pHs. Das halte ich aber für unwahrscheinlich, bei sachgemäßer Anwendung des Kalks. Die meisten Gartenböden sind eh „versauert“, der Regen alleine sorgt schon dafür. Die meisten Nutzpflanzen wachsen in einem ph- Bereich von 6,0 bis 6,5 an besten, die meisten Böden liegen deutlich niedriger. Also keine Angst vor „Überkalkung“, man soll die Pflanzen ja nur stäuben.
        Ich hoffe das es hilft, wobei es natürlich keine Spontanheilung innerhalb eines Jahres gibt.

        Liebe Grüße

        1. Gegen Pilzerkrankung – Ich war heute früh schon neugierig und habe deinen Hinweis zum Schöner Garten – Artikel gelesen. Schaden kann es ja nicht, die Sache mit dem Algenkalk zu probieren. Erst einmal sieht der Buchsbaum zwar mächtig geschrumpft aus, aber ich konnte bislang keine Gespinnste entdecken. 🙂

          1. Das verrückte für mich ist der Zeitpunkt des Rückschnitts beim Buchs. Jedes Obstgehölz schneidet man im Winter, immer mit dem Hinweis auf „Saftruhe“, Vegetationsruhe. Warum man Buchs mitten im Sommer schneidet? So doof kann man eigentlich nicht sein.
            Wenn es draußen kalt ist, liegen selbst die „Sporen“ flach. Es ist zu kalt, es herrscht keine Thermik, das „Leben“ scheint mehr als unfreundlich, da warte ich doch lieber auf bessere Zeiten.

            Du kriegst das hin!

            Grüße

          2. Guten Morgen flurdab,
            kenne ich gut, die Sache mit dem Obstbaumschnitt. Möglicherweise liegt das mit dem Sommerschnitt beim Buchs daran, dass der zwischenzeitlich so auswuchert und aus der Form gerät. So wie auch Ligusterhecke & Co.
            Danke fürs Motivieren, jetzt steht die beiden Buchs-Ruinen unter meiner verschärften Beobachtung.
            Liebe Grüße

          3. Tara!!! Leute, hängt Meisenkästen auf. Die untersuchen jeden Ast, verputzen jedes Räupchen. Großartig!! Großartig!. 🙂 🙂 🙂

            Vor gut einer Woche:
            Auf den Geschmack gekommen - Meisen verputzen den Zünsler

            Gestern: Rund und munter vom Zünsler-Verputzen
            Auf den Geschmack gekommen - Meisen verputzen den Zünsler

  2. Ich bin dieser Tage mehrfach gefragt worden: Was macht ihr denn nun mit dem Zünsler? Tja. Erst einmal haben wir den Buchsbaum ordentlich zurück geschnitten. Und ich mich belesen: 1. Stark zurückschneiden, 2. Mit Hochdruckreiniger durchsprühen, 3. Mit (Bio)-Insektizid behandeln. Oder einen blauen Müllsack rüberstülpen. Das geht laut einer Leserin der Redaktion ‚Mein schöner Garten‘ so: Wunderwaffe Müllsack

    Vielleicht muss ich mich auch von meinen beiden Buchsbäumen verabschieden ? ? und eine Alternative suchen, wie Ilex crenata (Japanische Stechpalme).

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