Die gestempelte Unterschrift

Sobald Herr P. ein neues Buch sein eigen nennt, schnappt er sich seinen Jade-Stein, drückt ihn in rote Farbe, schlägt die erste Seite auf und zack, schon gehört das Werk nachweislich ihm. Unterschreiben per Siegel – das wollte ich auch.

Doch welche chinesischen Schriftzeichen passten zu meinem deutschen Namen? Meine Verwandten überlegten. Es sollten Zeichen sein, die den Klang meines Namens wiedergaben, sie sollten schön aussehen und zu mir passen. Dann suchten sie einen Jadestein aus und gemeinsam gingen wir zum Graveur. Mehrere Jahre hütete ich mein Stempelchen, drückte es von Zeit zu Zeit in ein kleines Töpfchen mit leuchtend roter Farbe und signierte mein neues Buch.

Für mich: zwei Stempel, zwei Namen

Klangvoll, schön, bedeutungsvoll – die Familie denkt über die Zeichen meines ersten Stempels nach.

Zu meiner Hochzeit bekam ich einen neuen Vornamen. Einen chinesischen. Yùnzhi. Auf Chinesisch: 蕴 芝 (Yùnzhi). Ein Geschenk meiner Familie. Mein Name bedeutet mir viel, weil mich meine Familie so treffend charakterisiert. 🙂  Denn im Kontrast zum Westen vergeben chinesische Eltern zahllose und zudem fantasievolle persönliche Vornamen. Und während die Namen der Neugeborenen mit Wünschen für Glück oder Wohlstand verbunden sind, charakterisieren spätere Namen dessen Träger. … Bei einem unserer letzten Besuche erhielt ich auch ein neues Stempelchen. Großartig! So ihr jetzt wissen wollt, wie heutzutage so ein chinesischer Namensstempel entsteht, dann folgt mir zum Graveur in Ningbo:

Los geht’s, mein neuer Stempel entsteht:

Chinesische Stempel und Siegel*

CatrinsSiegel_200
 蕴 芝:
Yùnzhi

… gibt’s bereits seit der Shang-Dynastie, 16. bis 11. Jahrhundert v. Chr., mit deren Einsatz Dokumente beglaubigt werden sollten. Siegel aus Jade waren besonders kostbar – und symbolisierten die Zugehörigkeit zum Adel. Doch auch in der Bevölkerung setzte sich der Brauch der Signatur durch, eine Besonderheit im asiatischen Kulturkreis.

Traditionelle chinesische Bilder und Kalligrafien zeigen ebenfalls rote Namensstempel der Urheber. Verrückt: in China stempeln nicht nur die Künstler ihre Werke sondern auch die Kunstmäzene. 2009 ernannte die » UNESCO das chinesische Siegelschnitzen zum immateriellen Kulturerbe der Menschheit.

Da sag mal einer was: Vorbildliches Partei-Team 2012, erteilt im März 2013 von der Stadtverwaltung Ningbo 😉


* Quellen:
Wang Yi (Author): Common Knowledge about Chinese Culture (English-Chinese, illustrated) Paperback – September 1, 2004, S. 166f

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