Derweil in Lissabon: Macau – die erste europäische Siedlung in China

Das ‚Casa de Macau‘ am Rande eines kleinen belebten Parks inmitten der Altstadt Lissabons ist ein Treffpunkt von Chinesen aus Macau und erinnert zugleich an 500 Jahre portugiesische Kolonialzeit in China. Portugiesische Seefahrer waren es, die die erste europäische Siedlung auf chinesischem Boden gründeten. Unter Jorge Alvarez erreichten ihre Karavellen 1517 das Perlfluss-Delta. Ihren Wunsch, mit dem reichen China Handel zu treiben, erreichten die Portugiesen mit militärischem Druck. In einem Vertrag vereinbarten sie für Macau (chinesisch: 澳门, Pinyin: Àomén) einen jährlichen Pachtzins, den sie dem chinesischen Kaiser zahlten. China bewahrte damit sein Gesicht, während die Portugiesen das kleine Fischerdorf im Mündungsdelta des Perlflusses zu einem wichtigen Handelsposten ausbauten.

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Portugiesische Karavelle: Ende des 15. bis Mitte des 17. Jh. | Marinemuseum in Lissabon, Belém

Lange blieben die Portugiesen nicht unter sich, andere europäische Händler folgten ihnen an die chinesische Ostküste, vor allem Briten, Franzosen und Niederländer. Zuerst sehr wohlhabend, wurde Macau später von Hongkong mit seinem gewaltigen Hafen überflügelt. Am 20. Dezember 1999 gab Portugal mit Macau seine letzte Besitzung in Übersee an die Volksrepublik China zurück. Heute verdient die 28 km² kleine Enklave gewaltige Summen an der Spielsucht der Asiaten, die vor allem an den Wochenenden auf das kleine Eiland strömen, um ihr Glück in den in Hongkong und Festland-China verbotenen Kasinos zu suchen.

Portugal war bereits mit der Unabhängigkeit der Überseebesitzungen und verstärkt nach seinem Beitritt zur Europäischen Gemeinschaft Ziel von Einwanderern aus den ehemaligen Kolonien, auch von Chinesen, zumeist aus Macau. Hinzu kommt, dass Portugal seit 2012 versucht, vermögende Chinesen nach Europa zu locken. Doch auch der umgekehrte Weg funktioniert. Und weil in der ehemaligen Kolonie die Wirtschaft brummt, kommen die jungen Leute auch. Gegen das Heimweh hilft ein Rundgang durch das ‘portugiesische’ Macau: alte Kirchen, der Camões-Park, die Festung und die Ruinen der St.-Pauls-Kathedrale – alles Weltkulturerbe, alles aufwändig gepflegt. Welchen Vorteil haben die Chinesen? Macau soll chinesisches Lernzentrum für Portugiesisch werden. Eine Professorin der Universität Macau: „… Sie (die Regierung) hat die Bedeutung des Portugiesischen erkannt. Nicht so sehr wegen des armen Portugal. Aber China hat große wirtschaftliche Interessen in den portugiesischsprachigen Ländern Brasilien und Angola.“*1

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Die Handelsrouten um Macau, u. a. Macau und Nagasaki. Im 16. und 17. Jahrhundert fungierten die Portugiesen als Zwischenhändler zwischen den Japanern und Chinesen, weil es beiden asiatischen Völkern verboten war, ihr Land zu verlassen. | Kartenausschnitt: Marinemuseum in Lissabon, Belém

Quelle:
*1 – Jochen Faget: Portugiesische Renaissance in Macau, Deutschlandfunk vom 14.07.2012; abgerufen am 04.05.2015

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