Berlinale 2016: Heiße Tage mit „San Fu Tian“ (Dog Days)

Ausverkauft. Bis auf den letzten Platz. Im Saal des Cinestar blicke ich vor allem in europäische Gesichter, aber auch asiatische. Gezeigt wird in der Berlinale-Sparte ‚Panorama‘ ein Film des amerikanischen Regisseurs Jordan Schiele. Das Melodram feierte in Berlin seine Weltpremiere und ist nominiert für den Preis Bester Erstlingsfilm. ‚San Fu Tian‘ heißt der Titel des Films oder Dog Days, die 30 heißesten Tage des Sommers. Geschwitzt wird dann auch ordentlich, 95 Filmminuten lang.

Handlung

Film ab! … Ein Platz. Nüchtern. Aufgenommen von schräg oben. Am oberen Bildrand erkennt man den Eingang zu einem Gebäude. Auf einem Motorroller naht ein junges Paar, stoppt mitten auf dem Platz. Sie schnallt ihr Baby vom Bauch, reicht es ihrem Partner. Noch ein flüchtiger Abschiedskuss, und die junge Mutter verschwindet im Gebäude. Der Mann startet den Motorroller.  …

Erst nach der langen Schicht als Tänzerin in einem schäbigen Klub in Changsha, einer 7-Millionen-Metropole, wird Lulu den Verlust ihrer Familie bemerken. Ihre Suche führt sie in ein Travestie-Lokal, wo sie Sunny begegnet. Der 20-Jährige weiß, wo sich der Kindsvater aufhält, er liebt Bai Long. Es kommt zum Deal: Sunny soll Lulu bei der Suche nach ihrem Kind helfen. Sie wird im Gegenzug das homosexuelle Paar ziehen lassen. Mit der Bahn reisen die beiden nach Shanghai, wo Lulu herausfindet, dass ihr Freund den Sohn an ein Arztehepaar verkauft hat. Lulu erzwingt den Zutritt zur Wohnung der wohlhabenden Familie, in der sie wenig später mit der Frau des Arztes um den Säugling rangelt. Bis beide langsam für sich erkennen, dass es um das künftige Glück, das bessere Leben, für den Jungen geht.

Schlussszene: Lulu sitzt erschöpft an einem Straßenrand in Shanghai. Über den Kopf ihres Kindes hält sie schützend eine Hand. Die Sonne brennt. Es ist heiß. Sun fu tian, Hundstage.

Fazit

Berlinale04
Zurückhaltend: Jordan Schiele (Regisseur, Mitte) und Huang Lu (als Lulu)

„Wann wird der Film in China zu sehen sein?“, fragt nach der Veranstaltung ein chinesischer Besucher. Jordan Schiele vermutet im Sommer. Möglicherweise. Er weiß es nicht. Diplomatischer kann man kaum reagieren. „Und was für Erkenntnisse hat die Film-Crew zum Baby-Handel in China?“, interessiert sich eine ältere Dame. Die Antworten sind auch hier: vage. Es sei besser geworden.

Ist das Thema zu heiß? Auseinander driftende Gesellschaftsschichten, Käuflichkeit, Homosexualität.  … . In irgendeiner Vorankündigung hatte ich was von einem Thriller gelesen. Doch alles an dem Film ist still. Wer dieser drückenden Schwüle und Langsamkeit folgen mag, wird ein bemerkenswertes Werk finden. Viele Fragen haben und wenig Antworten bekommen. Kein Thriller. Ein Sozialdrama mit offenem Ende.

三伏天 –  sān fú tiān (Dog Days)

Dog Days feierte seine Weltpremiere auf der Berlinale 2016 und ist nominiert für den Preis Bester Erstlingsfilm.

Hongkong / Volksrepublik China 2016, 95 Min
Mandarin und chinesische Dialekte; englische Untertitel
Regisseur / Dir.: Jordan Schiele
Darsteller: Huang Lu, Tian Mu Chen, Luo Lanshan, Xing Dan Wen, Lu Ze Xian

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