Der neue Mao ist da. Pünktlich zum Nationalfeiertag Chinas am 1. Oktober wird sein Porträt am Tiananmen-Platz in Peking ausgewechselt. Das gigantische Werk auf dem Tor des Himmlischen Friedens misst 6m mal 4,5 m und wiegt 1,5 Tonnen. Es ist das größte Herrscher-Porträt der Welt. Moment, der neue Mao?

Es existieren mehrere Exemplare des Bildes. Abgase, Hitze und Sonnenlicht setzen ihm derart zu, dass es jedes Jahr neu gemalt und ausgetauscht wird. Damit ist das Gemälde weltweit nicht nur das größte, sondern wohl auch das am meisten reproduzierte Bild eines Herrschers. Seit 1981 (wahlweise 1977) heißt der Staatsmaler Ge Xiaoguang, vermutlich ist er es immer noch. Zwei Wochen benötigt der Mann für das Porträt, nichts überlässt er dem Zufall, auch die Warze am Kinn nicht. Ge ist der vierte Staatsmaler seit dem 1. Oktober 1949. An jenem Tag proklamierte der „Große Vorsitzende“ vom Balkon über dem Tiananmen-Tor die Gründung der Volksrepublik China. Seither hängt hier auch Mao Zedongs ikonenhaftes Konterfei. Mit einer Ausnahme. Nach dem Tod Stalins, befestigte China ein Bild des verstorbenen Sowjetführers. Und während der Kulturrevolution (1966-1976) ergänzten zeitweise die Bildnisse von Marx, Engels und Sun Yat-sen das Porträt Maos.

Ein neuer Mao? Auch wenn viele alte Leute ihn heute immer noch verehren und sein Konterfei zu den Ahnen an die Wohnzimmerwand hängen: das offizielle Bild Mao Zedongs im heutigen China hat mit dem historischen nicht viel zu tun. Und auch der Porträtierte würde sich angesichts seiner Erben wohl im Grab herumdrehen. Was wiederum nicht geht, denn während sein Bild nördlich des Platzes des Himmlischen Friedens hängt, ruht seine wächserne Mumie im südlich gelegenen Mausoleum.

• 

• 

• 

• 

FOTOS: In einem Wohnzimmer in Xingping und an einer Haustür in Jiuwu: , Mao 2018: Torte mit Wünschen für viel Geld (Mao-Hunderter) und im Zentrum des Geschehens zu stehen (Mahjongg-Steine), Mao 2018 in Qionglai: Restaurant-Werbung für Zauber-Schweinekopf. Unten auf dem weißen Zettel wirdPersonal gesucht.

Momentaufnahme
Herrlich doppeldeutig: Zum einen ein Augenblick, ein Moment – etwas typisch Chinesisches, spontan festgehalten in einem Foto und mit einer kleinen Geschichte dahinter und zum anderen: eine Aufnahme mit kurzer Belichtungszeit, passend für das Festhalten eines Moments.

Quellen:
*1 – Foto von Zhang Zhenshi (1914–1992). Mao Zedong portrait attributed to Zhang Zhenshi and a committee of artists (see [1]). – Intermediate source: http://www.flickr.com/photos/richardfisher/3451116326/, CC BY 2.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=7614080
*2 – Gerhard Paul: Zeithistorische Forschungen: Das Mao-Porträt – Herrscherbild, Protestsymbol und Kunstikone